Musterfälle & Lösungen zur ZPO
alle Angaben ohne Gewähr!!!Allgemeines zur Zuständigkeit der Gerichte
Die sachliche Zuständigkeit (GVG)
Die sachliche Zuständigkeit ist im GVG (Gerichtsverfassungsgesetz) geregelt und richtet sich grundsätzlich nach dem Streitwert.
Bei einem Streitwert bis einschließlich 5.000,-€ ist das Amtsgericht und über 5.000,-€ das Landgericht erstinstanzlich sachlich zuständig.
Davon gibt es einige Ausnahmen. Z.B. im gerichtlichen Mahnverfahren, in Familiensachen und bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus Wohnraummietverhältnissen ist unabhängig vom Streitwert immer das Amtsgericht zuständig.
Die örtliche Zuständigkeit (ZPO)
Die örtliche Zuständigkeit ist in der ZPO (Zivilprozessordnung) geregelt.
Dort gibt es vier Gerichtsstände, nämlich den "allgemeinen", den "besonderen", den "ausschließlichen" und den "gewillkürten" Gerichtsstand. Bei Klagen richtet sich die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich nach dem "allgemeinen" Gerichtsstand des Beklagten, welcher bei natürlichen Personen durch den Wohnsitz und bei juristischen Personen durch den Geschäftssitz bestimmt wird.
Im Mahnverfahren ist es genau umgekehrt, da richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem "allgemeinen" Gerichtsstand des Antragstellers. Ein "besonderer" Gerichtsstand ist zB. der Ort der unerlaubten Handlung.
Ein "ausschließlicher" Gerichtsstand besteht zB. bei Rechtsstreitigkeiten wegen Miet- und Pachtsachen. In diesem Fall ist das Gericht ausschließlich zuständig, wo sich die Miet- und Pachtsache befindet.
Bei Vorliegen eines "allgemeinen" und "besonderen" Gerichtsstandes, hat der Kläger die Wahl. Dies gilt nicht, wenn ein "ausschließlicher" Gerichtsstand gegeben ist, diesen muss der Kläger wählen.
Der "gewillkürte" oder auch "vertragliche" Gerichtsstand ist gegeben, wenn die Parteien über die örtliche Zuständigkeit eine Gerichtsstandsvereinbarung (Prorogation) getroffen haben. Dies ist vertraglich grundsätzlich zulässig. Sie wirkt aber im Zivilprozess nur, wenn beide Parteieen Kaufleute im Sinne des HGB sind. Anders ist es, wenn die Gerichtsstandsvereinbarung nach Entstehung der Streitigkeit geschlossen wird.
Musteraufgabe 1
Welches Gericht ist in den folgenden Fällen sachlich und örtlich zuständig?
1. Herr F. aus hamburg hat gegen Herrn K aus Berlin Ansprüche aus zwei Rechnungen und zwar eine vom 01.08.20... in Höhe von 3.000,-€ zuzüglich Zinsen in Höhe von 100,-€ und einer anderen vom 01.09.20... in Höhe von 2.000,-€ zuzüglich Zinsen in Höhe von 50,-€.
Lösung
Der Streitwert beträgt insgesamt 5.000,-€, da mehrere Zahlungsansprüche zusammengerechnet werden. Da Nebenforderungen, wie hier Zinsen i.H.v. 50,-€ bei der Berechnung des Streitwerts unbeachtet bleiben, ist das Amtsgericht sachlich zuständig.
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten K in Berlin, sodass das Amtsgericht Berlin sachlich und örtlich zuständig ist.
Musteraufgabe 2
Vermieter M.M aus München hat gegen die ehemaligen Mieter, Frau U.S. wohnhaft in Berlin und Herrn P.M. aus Magdeburg einen Anspruch wegen rückständiger Mietzinsen i.H.v. 3 Monatsmieten von jeweils 2.000,-€ bezüglich des in Potsdam gelegenen Wohnhauses.
Lösung
Der Streitwert beträgt insgesamt 6.000,-€ (3x 2.000,-€), sodass eigentlich das Landgericht sachlich zuständig wäre. Vorliegend handelt es sich aber um einen Anspruch aus einem Wohnraummietverhältnisses, sodass die genannte Ausnahme gegeben und somit das Amtsgericht zuständig ist. Es bestehen zwei allgemeine Gerichtsstände, nämlich der Wohnsitz der Beklagten S in Berlin und des anderen Beklagten M in Magdeburg.
Daneben ist aber ein ausschließlicher Gerichtsstand gegeben, nämlich der wo sich das Wohnhaus befindet, also Potsdam. Bei Vorliegen eines allgemeinen und eines ausschließlichen Gerichtsstandes hat der Kläger keine Wahlmöglichkeit, sodass das Amtsgericht in Potsdam sachlich und örtlich zuständig ist.
Musteraufgabe 3
Die Versicherungs-AG mit Sitz in Düsseldorf hat gegen ihren Kunden H.M. aus München einen Anspruch wegen nicht gezahlter Versicherungsprämien i.H.v. 3.000,-€. In den Vertragsunterlagen haben die Parteien Frankfurt/Main als Gerichtsstand vereinbart.
Lösung
Da der Streitwert 3.000,-€ beträgt, ist das Amtsgericht sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich grundsätzlich nach dem Beklagten M., der seinen Wohnsitz in München hat. Die Vertragspartein haben aber bei Abschluss des Versicherungsvertrages eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen, wonach Frankfurt/Main zuständig sein soll. Diese Gerichtsstandsvereinbarung wirkt vorliegend nicht. Twar ist die Versicherungs-AG Kaufmann im Sinne des HGB, nicht aber der Verbraucher M, sodass die Gerichtsstandsvereinbarung nicht zum Tragen kommt und somit München örtlich zuständig wäre, sodass die Klage vor dem Amtsgericht in München eingereicht werden kann.
Musteraufgabe 4
F.L. aus Berlin hat in Lübeck einen Verkehrsunfall erlitten. Der Schaden setzt sich zusammen aus den Reparaturkosten i.H.v. 2.500,-€, den Gutachterkosten i.H.v. 1.000,-€ und Kosten wegen Verdienstausfall i.H.v. 2.000,-€. Die Unfallverursacherin ist M.S. aus Rostock. Der Halter des Fahrzeugs, Herr U.L. aus Potsdam ist bei der Y-AG, welche ihren Sitz in Essen hat, haftpflichtversichert.
Lösung
Der Streitwert ergibt sich aus der Summe der einzelnen Schadenspositionen, nämlich 2.500,-€ + 1.000,-€ + 2.000,-€, also insgesamt 5.500,-€, sodass das Landgericht sachlich zuständig ist.
Vorliegend gibt es 3 Beklagte, nämlich M.S., U.L. und die Y-AG mit der Folge, dass drei allgemeine Gerichtsstände vorliegen. Zum einen Rostock und zum anderen Potsdam und dann auch noch Essen. Daneben besteht auch ein besonderer Gerichtsstand, nämlich der Ort der unerlaubten Handlung, also wo sich der Verkehrsunfall zugetragen hat und das war Lübeck. Somit hat der Kläger zwischen den einzelnen Gerichtsständen Lübeck, Rostock, Potsdam und Essen die Wahl.
Aus Kostengründen sollte die Klage aber in Lübeck erhoben werden, weil dort der Schwerpunkt der Ermittlungen ist und auch eine evebtuelle Beweisaufnahme in Lübeck stattfinden würde.
Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit